Kunstprojekte

Himmelwärts

Ausstellung im Alten Pfarrhaus, Balzers 2016


Ich wasche Dir die Füsse – Wunderkammer der Transzendenz

 

Lilian Hasler zeigt einen ganz individuellen Weg der Annäherung an das vorgege- bene Thema. «Ich wasche Dir die Füsse – Wunderkammer der Transzendenz» lautet der Titel des Werks, welches deutlich macht, dass sie sich in ihrer künstlerischen Auseinandersetzung mit dem Spirituellen als Wandlerin zwischen den Welten be- greift. Ihre Anspielung auf die Wunderkammern der Renaissance und des Barock ist sinnfällig: Wie dort einst wohlhabende Sammler Raritäten und Kuriositäten unter- schiedlichster Herkunft und Bestimmung zusammentrugen, so präsentiert sich auch Lilian Haslers Installation als eine Wunderkammer mit Objekten, die auf den eigenen Kulturraum wie auf asiatische Kulturen unterschiedlichster Ausrichtung verweisen.

Vor allem ihre Aufenthalte in Indien, wo man in berückender Dichte den ver- schiedensten Ethnien und Religionen begegnet, waren prägend für die Künstlerin. Wenngleich sie sich selbst als Agnostikerin und Atheistin versteht, geht von den formalen Erscheinungen des Transzendenten eine Kraft aus, der auch sie sich of- fenkundig nicht zu entziehen vermag. In ihrer «Wunderkammer der Transzendenz» finden sich die vielfältigsten Symbole und metaphorischen Stellvertreter für das Unerklärliche und Übernatürliche und mischen sich mit ganz realen Dingen.

Ihr Umgang mit diesen Elementen scheint indessen spielerisch und experimentell, ist jedoch gleichwohl bedeutungsgeladen: Vor einer schwarz-weissen, geometrisch gestalteten Wand – geometrische Muster sind charakteristisch in der islamischen Kunst – ist eine überdimensionale Interpretation einer Devadasi-Figur platziert; blau leuchtend steht sie dominant im Hintergrund der Szenerie, ihr Kopf jener eines Fabelwesens, halb Mensch, halb Tier, Schnauze und Armstümpfe abgedeckt von indischen Lebensmitteldosen, ihre eigenwillige Erotik brechend. Devadasis waren einst hochangesehene Frauen, die sich in indischen Tempeln dem Tanz und der Kunst widmeten. In kolonialen und postkolonialen Zeiten aber wandelte sich ihr Status, und unter dem Deckmantel der Religion wurden sie zu Zwangsprostituier- ten.

Dazu gruppieren sich Fundstücke und Plastiken, welche kultischer und alltäglicher Art zu sein scheinen. Auf einem Sockel findet sich eine indische Nandi-Figur, dane- ben ein Fuss aus Marmor; an der Wand ein Fischskelett, das uns daran erinnern mag, dass der Fisch ein christliches Symbol ist; gross und wachend über allem das blaue Auge, das in vielen orientalischen Kulturen der Abwehr des bösen Blickes dient. Bei aller Fremd- und Eigenartigkeit machen Lilian Haslers Installationen im alten Pfarrhaus und im Haus Gutenberg («Maria durch ein Dornwald ging – Fege- feuer der Immanenz») doch eines deutlich: die jeweilige Verankerung im eigenen Kulturraum mit seinen Denk- und Glaubensgebäuden schwingt emotional mit und klingt nach – auch wenn sich die intellektuelle Auseinandersetzung in eine andere Richtung bewegt.

 

Cornelia Wieczorek


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